Die Pflegeinitiative mit 20 Massnahmen umsetzen
Der Kanton Freiburg zieht nach und präsentiert seine Vorschläge für die Aufwertung des Pflegeberufs.
Im November 2021 nahm die Schweiz die Initiative «Für eine starke Pflege» mit fast 61 Prozent an. Einzig im (Halb-)Kanton Appenzell Innerrhoden sprach sich die Stimmbevölkerung gegen die sogenannte Pflegeinitiative aus. Der Bundesrat beschloss daraufhin, die Initiative in zwei Etappen umzusetzen.
Im Dezember 2022 verabschiedete das eidgenössische Parlament das Bundesgesetz zur Förderung der Ausbildung im Bereich Pflege. Es gilt seit Juli dieses Jahres.
Charme-Offensive des Staatsrates
Für die Umsetzung der Pflegeinitiative sind die Kantone selbst zuständig. Der Staatsrat hatte die Arbeiten zur Umsetzung der Pflegeinitiative vor rund drei Jahren unter der Leitung von Staatsrat Demierres Gesundheitsdirektion begonnen. Doch das Projekt geht über die Grenzen der kantonalen Direktionen hinaus. Deshalb traten Gesundheitsdirektor Philippe Demierre und Berufsbildungsdirektor Olivier Curty am Montagnachmittag gemeinsam vor die Medien. Auch die Bildungsdirektion von Staatsrätin Sylvie Bonvin-Sansonnens war an der Erarbeitung beteiligt.
Primär, sagten Curty und Demierre an der Pressekonferenz, gehe es bei den kantonalen Massnahmen darum, die Arbeitsbedingungen und -zeiten der Pflegefachkräfte zu verbessern.
Die am Montag vorgestellten insgesamt 20 Massnahmen basieren unter anderem auf zwei Berichten: Die Freiburger Hochschule für Gesundheit wurde damit beauftragt, die Faktoren für eine längere «Berufsverweildauer» von Pflegefachpersonen zu ermitteln – also mit welchen Rahmenbedingungen die Betroffenen längerfristig im Beruf gehalten werden können. Das Schweizerische Gesundheitsobservatorium Obsan ermittelte derweil den Nachwuchsbedarf in der Pflege.
Der Obsan-Bericht kam zum Schluss, dass der Kanton Freiburg jährlich 150 Personen in der Pflege ausbilden müsse. «Kommende Woche beginnen rund 130 Personen mit der Ausbildung», sagte Staatsrat Olivier Curty. Zu wenig also. Zumal die Anzahl der Absolventen nur selten mit der Anzahl Studienbeginner übereinstimmt. «Damit wir aber 150 Absolventinnen und Absolventen haben, müssten rund 180 Personen für die Ausbildung eingeschrieben sein», sagte Staatsrat Curty.
Um dieses Ziel längerfristig zu erreichen, soll das Studium zugänglicher und attraktiver werden. Zum Beispiel mit neuen Ausbildungsorten, der Möglichkeit von Teilzeitausbildungen oder der Einführung eines unterrichtsfreien Tages während der Woche.
Studenten anziehen – und halten
Als weitere Massnahme sind laut Berufsbildungsdirekor Curty Stipendien für Personen im Alter zwischen 25 bis 50 Jahren vorgesehen. Der Maximalbetrag für das Pflegestipendium betrage bis zu 36'000 Franken pro Jahr, für eine Ausbildung im Kanton Freiburg – oder an einer ausserkantonalen Fachhochschule. Staatsrat Curty sagt: «Es geht darum, Quereinsteiger zu überzeugen – und Personen, die sich eine solche Ausbildung nicht leisten könnten. Mit diesen Stipendien möchten wir unter die Arme greifen.» Die Stipendien werden bereits ab dem laufenden Ausbildungsjahr 2024/2025 bezahlt und enden in zehn Jahren.
Ein weiteres Element sei, deutschsprachige Studierende anzuziehen – und sie im Kanton zu halten. Denn aktuell liessen sich viele in Bern ausbilden und blieben auch dort. Staatsrat Curty sagt: «Wir führen mit unseren Berner Kollegen intensive Gespräche und wollen attraktivere Bedingungen für deutschsprachige Studierende schaffen.»
Der Kanton Freiburg will in Zusammenarbeit mit dem Bund in den nächsten acht Jahren rund 10 Millionen Franken für die Umsetzung der Massnahmen für bessere Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen investieren. Der Staatsrat hat die Bundesbeiträge Ende August beantragt.
Auch die Pflegedirektorin ist erfreut
Aline Schuwey ist Pflegedirektorin des HFR Freiburg. Auch sie begrüsst die vorgestellten Massnahmen. Denn sie beinhalten ein dreistufiges Modell zur Betreuung des Pflegeteams mit den Schwerpunkten Management, Klinik und Ausbildung (Drei-Bein-Modell).
Mit den Massnahmen bei der Umsetzung der Pflegeinitiative im Kanton Freiburg erhofft sich Schuwey, dass ein gesünderes Arbeitsumfeld geschaffen und dadurch weniger Ausfälle des Pflegepersonals verzeichnet werden. Und: Der Dienstplan soll respektiert werden. «Wenn eine Person frei hat, soll sie auch frei haben und auch nicht aufgeboten werden, wenn es einen Engpass gibt», so Schuwey.
Letztlich sei der Massnahmenkatalog dank eines Dialogs zwischen allen Beteiligten entstanden, sagt Schuwey. Also zwischen Pflegepersonal und Staatsrat. Die grösste Verbesserung sei, dass der Dialog zustande gekommen sei. «Endlich», sagt Schuwey. «Ich bin seit über 40 Jahren im Beruf, und jetzt haben wir erreicht, dass wir zusammen sprechen können.»