Ein Jahr Ablette Records - eine Bilanz

Der Freiburger Plattenladen Ablette Records feiert sein einjähriges Bestehen. Die Passion obsiegt.

Ablette Records ist nicht nur Laden, sondern auch Raum für Begegnung und Austausch via Musik. © Ablette Records

Raum für Begegnung und Austausch via Musik vom Plattenspieler bieten. So die grob zusammengefasste Initialidee von Laura Schwab und Vincent Gross, als sie vor einem Jahr Ablette Records in den Räumlichkeiten des Fri-Son eröffneten.

Nebst konkreter Geschäftsfläche mit gut sortierten Vinylkisten und Plattenspielern zum Stöbern und Probehören, haben Schwab und Gross ein Stockwerk höher einen Salon eingerichtet, in dem sich hiesige Musikbegeisterte treffen, austauschen, trinken, hören, lesen und Live-Performances geniessen können. "Durch diesen Treffpunkt sind wir nicht bloss ein Geschäft, sondern können eine Art Community um Ablette bilden und sind Teil der Freiburger Kulturszene, die stetig wächst", sagt Laura Schwab.

Effektiv hat sich der Salon mit schmucker Möblierung, Kühlschrank und DJ-Pult zu einem wichtigen Aspekt des Geschäftsmodells von Ablette gemausert. Auch die Situierung unter dem Dach des Fri-Son ist sicherlich ein Plus. Obwohl Türöffnung für Konzerte in der Halle und der Ladenschluss bei Ablette zeitlich meistens nicht überlappen, werden Logo und Laden von hunderten Paar Augen pro Woche gesehen. Der Kontext, in dem Laura Schwab und Vincent Gross den Laden vor einem Jahr eröffnet haben, passt. Wie sieht also die Bilanz aus?

Der Traum will verdient sein

Seit Ladeneröffnung hat Ablette Records über 5000 Platten verkauft und im Salon über 40 Events mit 80 Acts organisiert. Damit Kosten und Einkäufe gedeckt werden können, muss der Laden etwa 3000 Franken pro Woche umsetzen. Ein Ziel, das nicht monatlich erreicht werden konnte, aber laut aktuellen Zahlen kann Ablette Records das erste Jahr mit einem Plus abschliessen.

Eine positive Bilanz, die sich Schwab und Gross vor allem während den Sommermonaten hart erarbeiten mussten. Wegen der Semesterferien an der Uni, den individuellen Ferien und den diversen Festivals ist Freiburg im Sommer oft ziemlich leergefegt. Sprich, Kundschaft streunt in dieser Zeit kaum über den heissen Asphalt und vorbei an den architektonischen Beton- und Blechgrotesken der Route de la Fonderie.

Schwab und Gross mussten also aus dem Laden raus und der Kundschaft hinterher an die Festivals. Ablette-Stände waren diesen Sommer an der Bad Bonn Kilbi, am Belluard Bollwerk International, am Festival Les Georges und weiteren kulturellen Veranstaltungen präsent. Ein Einsatz, der sich zwar gelohnt hat, aber mit einem ziemlichen Aufwand verbunden ist. Welche Platten lässt man im Laden, welche nimmt man mit? Selektion, Transport, fast Tag und Nacht den Stand betreiben. Aber die Passion obsiegt und trägt auch Früchte.

Das Hausieren mit guter Musik auf Vinyl war gute Promo für Ablette Records. "Der Laden ist seit Beginn der Herbstsaison wieder gut besucht und der Jahresabschluss verspricht, dass wir auf einen grünen Zweig kommen. Aber um uns richtig Lohn auszahlen zu können, reicht es noch nicht", erzählt Gross. Bisher bestreiten die beiden ihren Lebensunterhalt noch mit zwei 40-Prozent-Jobs neben dem Plattenladen. Die erste Jahresbilanz bringt sie also einen Schritt näher zum Ziel, vom Laden leben zu können. "Unsere Motivation ist vielleicht noch grösser als am Anfang. Wir sehen, dass sich der Aufwand lohnt und das Interesse der Leute wächst", ergänzt Schwab.

Ziele und Chancen

Bref, es läuft. Ablette Records zieht eine positive Bilanz nach einem Jahr Abenteuer Plattenladen. Die Frage also an Laura Schwab und Vincent Gross: Quo vadis? "Wir möchten unsere Kundschaft noch besser kennenlernen, damit wir eine bestmögliche Beratung bieten können", nennt Schwab als eines der Ziele. Die intensive Interaktion heimst den beiden nicht nur Sympathiepunkte ein, sondern dient auch der Sache und der Kasse. "Der Austausch mit den Leuten im Laden hilft uns auch, das Angebot zu diversifizieren und Schnittmengen zu erkennen, damit wir den individuellen Personen auch bestimmte Platten empfehlen können", ergänzt Gross. "Wir freuen uns darauf!"

Ein Optimismus für die Zukunft, der nebst Passion für die Sache auch dadurch beflügelt wird, dass sich Freiburg mehr und mehr zu einem Fixstern der aktuellen Musik zwischen Alternative und Nische, der musique actuelle, entwickelt. Mit einer solchen Dichte an Musikclubs mit besagtem Fokus, Projekten wie dem TRNSTN Radio und extraordinären Orten wie dem SMEM, macht die sonische Seite der Saanestadt mittlerweile schweizweit von sich reden.

Eine Entwicklung, die Schwab und Gross auch von der grossen Öffentlichkeit und den Behörden besser wahrgenommen wissen möchten. "Es wäre toll, wenn es möglich wäre, die Produktionsschritte zwischen Idee im Bandraum und finalem Vinyl bei uns im Plattenladen lokal in Freiburg durchzuführen", sinnieren beide. Eine in dieser Stadt von vielen gesponnene Idee. Die Passion obsiegt.

Ablette Records feiert am Samstag, 24. September das einjährige Bestehen mit Bands und DJ-Sets im Fri-Son. Alle Infos gibt es auf der Internetseite des Fri-Son.

Der Boom des Gefühlsechten

Seit über zehn Jahren erlebt das Geschäft mit Vinyl einen wahren Höhenflug. Nebst digitaler Verbreitung setzen viele alternative Acts und Indie-Labels auf die physische Vermarktung der Musik - nach der rund 25-jährigen CD-Schwemme nun also wieder auf Vinyl. Der Markt wächst stetig.

Laut IFPI Schweiz, dem Branchenverband der Musiklabels der Schweiz, wurden mit Vinyl-Langspielplatten in der Schweiz 2021 rund 4,8 Millionen Franken umgesetzt, was einem Wachstum von 18 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. Zudem wurde letztes Jahr der höchste Vinyl-Umsatz seit 1991 erzielt, wobei damals noch etwa 10,8 Millionen Franken Umsatz verbucht wurde. IFPI Schweiz hält zudem fest, "dass der Handelsumsatz mit Vinyl weiterhin nur 19 Prozent des physischen Marktes entspricht oder 2,5 Prozent des Gesamtmarktes." Es besteht also viel Luft nach oben.

Problematisch ist aber aktuell einerseits die fehlende Kapazität an Presswerken, was Wartezeiten von bis über einem halben Jahr bedeutet, und andererseits haben die feistesten Player der Musikindustrie den Braten längst gerochen. So müssen Indie-Labels und Private bei vielen Presswerken oft hinten anstehen, bis die neuste Swift oder Eilish-Platte zig-tausendfach auf Vinyl gepresst wurde.

Der Behauptung, alles sei nur Trend und bald Schall und Rauch, widerspricht hier also die Marktentwicklung. Zudem darf die physische Komponente nicht unterschätzt werden. Tatsächlich lässt sich eine Verbindung zwischen fortschreitender Digitalisierung und dem Vinyl-Boom erkennen. Durch den Plattenkauf eine physische Erfahrung mit der emotionalen Regung verbinden, die ein Song, ein Album auszulösen vermag, vergleichbar etwa mit dem Kauf eines physischen Buches statt eines eBooks, liegt wohl im Kern des Erfolgs von Vinyl und neu eröffneten Plattenläden à la Ablette Records.

RadioFr. - Valentin Brügger / iwi
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