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"Sie stehen für alle, die einen Brand erlebt haben"

Der ehemalige RadioFr.-Redaktor Yves Kilchör spricht über seine monatelange Recherche zum Brandfall Poya.

Besonders zwei Interviews haben Redaktor Yves Kilchör beschäftigt. © RadioFr.

Über zwei Monate lang berichteten Betroffene des Brandfalls Poya auf RadioFr. über ihre Erlebnisse - Bewohnerinnen und Bewohner, der Einsatzleiter der Feuerwehr, ein Rekrut, ein Denkmalschützer und die Witwe des Verstorbenen. Hinter den Beiträgen steckte eine monatelange Recherche von Yves Kilchör. Dafür musste er aus dem Redaktionsalltag ausbrechen.

Die Idee für die Geschichte kam Yves Kilchör, nachdem eine Person ihm vom Brand der Conciergerie des Poya-Schlosses erzählte - ohne irgendwelche Absichten. Yves Kilchör und Chefredaktor Mario Corpataux waren sich einig, dass sie mehr davon wissen wollten. "Es war ein denkmalgeschütztes Haus, das alle kennen. Es geht um Subventionen. Und es steht exemplarisch für all diese Brände, über die man nichts hört", sagt Yves Kilchör. Er machte sich daran, Dokumente zu organisieren und überlegte sich, in welcher Form er diese Geschichte erzählen wollte.

Schnell wurde klar, dass ein klassischer Radiobeitrag sich dafür nicht eignete. "Im Radio kommen eher kürzere Beiträge", sagt Yves Kilchör. Er und Mario Corpataux entschieden sich deshalb für Podcasts. "Wir wollten die verschiedenen Aspekte eines Brandes aufzeigen."

Berührende Gespräche

Der Beginn war schwierig. Zunächst einmal musste Yves Kilchör aus dem Redaktionsalltag ausbrechen, der von der Hektik und vom Tagesgeschäft bestimmt ist. Er brauchte mehrere Stunden, um sich eine erste Übersicht zu verschaffen. Die meisten Gerichtsunterlagen zum Fall waren auf Französisch. Es folgte die Kontaktaufnahme mit den Betroffenen. "Ich finde es stark, dass sie geredet haben", sagt Yves Kilchör. Anders als Politikerinnen und Politiker oder Geschäftsleute, die aus eigenem Antrieb die Öffentlichkeit suchen, gab es für die Betroffenen des Poya-Brandes keinen Anlass, im Radio über das Erlebte zu sprechen.

Trotzdem waren sie bereit, sich mit Yves Kilchör zu treffen. "Kein Interview dauerte weniger als zwei Stunden." Der Brand war dabei häufig erst gegen Ende Gesprächsthema. Zuvor ging es darum, sich kennenzulernen und einzuschätzen. "Mario Corpataux hatte die Idee, jede Folge einer Person zu widmen."

Besonders zwei Gespräche berührten Yves Kilchör: Das mit der Witwe und das mit dem Rekruten, der als Erster zu Hilfe kam. Die Ehefrau des Verstorbenen kam aus dem Ausland in die Schweiz, sprach weder Deutsch noch Französisch und wurde bald darauf Mutter einer Tochter. Der Rekrut litt auch zwei Jahre später noch an Schuldgefühlen, obwohl er mehreren Leuten das Leben gerettet hat. Im Vergleich zu den anderen hat er sich keine psychologische Hilfe geholt und kaum mit jemandem darüber gesprochen. In den Podcasts spricht Yves Kilchör auch über seine Zweifel, ob er allen Betroffenen und ihren Aussagen gerecht wird.

"Ich habe mich noch nie mit einem Thema so eingehend beschäftigt", sagt Yves Kilchör. Bewusst wurde ihm, dass solche Schicksalsschläge jede Person treffen können. Umso wichtiger sei es, in einer solchen Situation die Betroffenen zu unterstützen, so Yves Kilchör.

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RadioFr. - Anna Binz / pef
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