News für unsere Region.

«Hie va det» im Sensler Museum: Ein Ort zum Ankommen

Die Ausstellung «Hie va det» porträtiert Menschen aus 20 verschiedenen Nationen. Ab Samstag kann im Sensler Museum besichtigt, gehört und aktiv mitgestaltet werden.

Gaëtan Favre erklärt, wie es zur Ausstellung kam. © Charles Ellena

Der Boden im Sensler Museum knarzt, während man durch die Räume geht, in denen Porträts aus Karton ausgestellt sind. In einem davon können die Besucherinnen und Besucher ihr Lieblingsessen notieren. Gaëtan Favre, der Museumsleiter, macht den Anfang und schreibt auf: «Krautfleckerl». Nach einem kurzen Moment der Stille entstehen Diskussionen: «Was ist das für ein Essen?» – «Das ist aus Österreich.» Er erklärt, was das genau ist, wie es zubereitet wird und wieso er es kennt. Während die Anwesenden aufmerksam lauschen, entsteht eine vertraute, fast heimelige Atmosphäre. Doch was bedeutet eigentlich heimelig, und was ist Heimat? Genau diesen Fragen geht die Ausstellung «Hie va det» auf den Grund.

Dominicq Riedo stellt eine der vielen Aktivitäten vor. Bild: Charles Ellena

Am Samstag öffnet die Ausstellung im Sensler Museum ihre Türen und lädt Besucherinnen und Besucher dazu ein, sich intensiv mit dem Begriff Heimat auseinanderzusetzen. Dominicq Riedo, Präsident des Vereins «Hie va det», hat die Ausstellung ins Leben gerufen. Mit Unterstützung vieler freiwilliger Helferinnen und Helfer ist ein Projekt entstanden, das nicht nur eine Hommage an die Vielfalt der im Kanton Freiburg lebenden Menschen, sondern auch ein Aufruf zur Reflexion über das eigene Verständnis von Heimat ist.

Zwanzig Nationen

Die Ausstellung zeigt Porträts von Menschen aus insgesamt 20 Nationen, die alle in Freiburg ein neues Zuhause gefunden haben. Durch Interviews, in denen sie auf humorvolle und persönliche Weise Fragen beantworten – wie das Zählen von eins bis zehn in ihrer Muttersprache oder das Aufsagen eines Zungenbrechers –, wird eine Brücke zwischen Kulturen geschlagen. «Die Leute über Heimat sprechen zu hören, fand ich eine gute Idee. Besonders auch mit dem Hintergedanken, dass das Museum ursprünglich Heimatmuseum geheissen hat. Damals wurde gesagt: ‹Das, was wir ausstellen, repräsentiert unsere Heimat.› Heute fragen wir: ‹Was ist Heimat?›», erklärt Gaëtan Favre.

Die Leute über Heimat sprechen zu hören, fand ich eine gute Idee.

Gaëtan Favre

Diese Frage ist auch an die Besuchenden gerichtet. An verschiedenen Stationen kann man selbst aktiv werden: Videos anschauen, das Lieblingsessen aufschreiben oder gar Postkarten verschicken. Es gibt die Möglichkeit, zur zentralen Frage «Was ist Heimat?» selbst Antworten aufzunehmen und damit Teil der Exposition zu werden. «Wir wollen eine neue Art von Ausstellung testen und so auch ein breiteres Zielpublikum erreichen», so Gaëtan Favre weiter.

Tolle Menschen

Dominicq Riedo unterstreicht die Wichtigkeit von Diskussionen: «Zusammenleben ist Dialog.» Bereits der Ausstellungsname «Hie va det» führt vor Augen, wie wichtig Verständigung ist. «Bereits im Nachbarkanton verstehen nicht alle ohne Weiteres, was damit gemeint ist», bemerkt Riedo. «Das steht stellvertretend für die Schwierigkeiten, mit denen Menschen konfrontiert sind, wenn sie in ein neues Land ziehen.»

Zusammenleben ist Dialog.

Dominicq Riedo

Die Ausstellung setzt bewusst auf eine alltagsnahe und menschliche Darstellung des Themas Migration. «Wir sind wahnsinnig tollen Menschen begegnet. Sie haben uns ihre Türen geöffnet», erinnert sich Dominicq Riedo. Aus über dreissig Stunden Interviewmaterial wurden Kurzfilme erstellt, die die Geschichten der Porträtierten einfangen – von fünfminütigen Clips bis hin zu längeren, nachgesprochenen Versionen.

Grosses Interesse

Die Ausstellung ist nicht nur für das allgemeine Publikum konzipiert. Orientierungsschulen zeigen grosses Interesse, und spezielle Führungen sowie pädagogische Materialien wurden vorbereitet, um das Thema für Schülerinnen und Schüler greifbar zu machen.

Zügelkartons als Inspiration

Pierre de Senarclens, der gestalterische Leiter der Ausstellung, hebt die besondere Materialwahl hervor: «Die gesamte Ausstellung ist im Karton-Design und aus Karton gestaltet. Karton ist ein nachhaltiges Material, das überall erhältlich ist. Als Pendant zum Zügelkarton repräsentiert es die Suche, das Umziehen, das Unterwegssein.»

In «Hörboxen» aus Karton erfahren die Besucher mehr über Schicksale und Anekdoten.
Bild: Charles Ellena

Die Ausstellung wird nach ihrem Aufenthalt im Sensler Museum an weiteren Standorten zu sehen sein, darunter an verschiedenen Orientierungsschulen, und schliesslich 2025 an der Seislermäss gastieren. Dort werden auch die Projekte der Schülerinnen und Schüler präsentiert, die sich während der Ausstellung mit dem Thema Heimat auseinandergesetzt haben.

Freiburger Nachrichten - Redaktion / Fabian Gobet / tm
...