Nach 26 Tagen auf dem Atlantik in der Karibik angelangt

Die Sensler Ex-Volleyballspielerin Kristel Marbach und ihr Freund Philipp erzählen, wie sie den Atlantik auf ihrem Segelboot überquert haben.

Für die Überquerung des Atlantiks schliesst sich Nicolas dem Paar an, der Burder von Kristel. © Kristel Marbach

Fast ein Jahr nach ihrer Abreise hören wir wieder von Kristel Marbach und ihrem Freund Phil, die von Dezember bis Januar dem Atlantik "getrotzt" haben. Sie melden sich aus Guadeloupe, wo sie vor Anker liegen und darauf warten, dass sie ihren Motor reparieren können, der sie wieder einmal im Stich gelassen hat.

Wie ist eure Atlantiküberquerung verlaufen?

Sehr gut, wenn man davon absieht, dass wir mehr Zeit auf See verbracht haben als geplant (26 Tage). Wir sind nicht auf die berühmten Passatwinde gestossen, die "die Schiffe nach Westen treiben". Scheinbar hatten wir ein Jahr mit sehr unbeständigen Passatwinden, womit viele Boote Probleme hatten. Glücklicherweise waren die Bedingungen nie gefährlich, sondern höchstens unangenehm. Wir sind froh, dass an Bord nichts Wichtiges kaputtgegangen ist.

Vor der Abfahrt hatte ich grossen Respekt vor der Tatsache, dass wir allein mitten auf dem Ozean sein werden (Kristel): Was, wenn wir einen medizinischen Notfall hätten oder das Boot nicht mehr wasserdicht wäre? Als wir tatsächlich 1000 Seemeilen (1800 km) vom nächsten Land entfernt waren, fühlte ich mich wohl. Es war einfach unser Alltag.

Was sind die Herausforderungen bei einem längeren Aufenthalt auf hoher See?

Eines der grossen Themen war die Verpflegung: Wir stellten einen Essensplan auf, um eine Vorstellung von den Mengen zu bekommen. Am Tag vor der Abreise kauften wir alle frischen Produkte (Gemüse und Obst) ein und achteten darauf, dass sie vorher nicht gekühlt wurden, damit sie länger haltbar sind. Das Einräumen ins Boot glich einem Puzzle, aber irgendwie fand alles seinen Platz in unserem schwimmenden Haus.

Auch Wasser mussten wir kaufen. Wir haben einen Wasserentsalzer an Bord, um Trinkwasser zu produzieren, aber wir müssen trotzdem genug Wasser haben, falls dieser ausfällt. Zusätzlich zu den Lebensmitteln überprüften wir alle relevanten Systeme (Segel, Mast, Takelage, Strom usw.) und kauften ein Satellitentelefon für Wetterdaten und Notfälle.

Kristels Bruder ist für die Überfahrt dazu gestossen. Wie war das Zusammenleben auf einem so kleinen Boot?

Sehr gut. Wir haben uns zu dritt die beiden Kojen in unserem Wohnzimmer geteilt. Die Kabinen im vorderen und hinteren Teil des Bootes sind bei Überfahrten wegen der Wellen nicht so gemütlich. Die Mitte des Bootes ist da ideal. Ausserdem waren die Kabinen mit Konservendosen und Nudeln gefüllt.

Die Nacht teilten wir in dreistündige Schichten ein. Die erste Schicht begann um 20 Uhr und die letzte Schicht dauerte von 5 bis 8 Uhr. Tagsüber sassen wir meistens im Cockpit und wenn sich jemand hinlegen wollte, war das kein Problem. Am späten Nachmittag nahmen wir gemeinsam einen Aperitif, wenn es die Bedingungen zuliessen. Und dann bereiteten wir ein gutes Abendessen zu.

Wir schliefen maximal 6 Stunden am Stück. In Wirklichkeit eher 3 bis 4 Stunden: Das Boot rollt und quietscht manchmal so laut, dass man sich beim Aufwachen wundert, dass es noch ganz ist.

Wie habt ihr euch in diesen 26 Tagen beschäftigt? Konntet ihr ein wenig Sport machen?

Sport ist auf unserem 10,5 Meter langen Boot ziemlich schwierig (lacht). Das Angeln hat uns ein wenig Abwechslung gebracht. Wir hatten Glück: jedes Mal, wenn wir Lust auf Fisch hatten, haben wir einen Thunfisch oder eine Goldmakrele an Bord gezogen. Ansonsten waren die Tage sehr eintönig: lesen, nachdenken, Podcasts hören, das Meer und die Wolken beobachten, nichts tun. In einer ruhigen Phase nahmen wir ein Bad in 5'000 Kubikmeter Wasser.

Was waren die schwierigsten Momente?

Das Meer war schwierig, vor allem zwischen dem 20. und 26. Dezember. Wir hatten Ostwellen aufgrund des starken Windes und eine Nordwelle, was zu einer unangenehmen Kreuzsee führte. Alles an Bord war dann schwierig: Kochen, Schlafen, Sitzen etc. Zwei von uns wurden auch ein wenig seekrank. Wir hatten nie Angst, aber in der Nacht sind die Wellen noch beeindruckender. Bei Tageslicht relativiert sich alles wieder, auch wenn das Meer immer noch beeindruckend ist.

Könnt ihr uns von einem prägenden Moment eurer Überfahrt erzählen?

Für mich (Philip) war es eine Nachtwache um Weihnachten herum: Als ich hochgegangen bin und das Steuer übernehmen wollte, wurde das Boot sofort von den kreuzenden Wellen hin und her geworfen. Ich liess den Autopiloten die Arbeit machen und beobachtete mit grossem Respekt und viel Ehrfurcht die heranrollenden Wellen. Das war das erste Mal, dass ich mich auf dem Atlantik sehr klein gefühlt habe. Kristel beschrieb "ihre" Überfahrt in einem Artikel auf ihrem Blog.

Was war das Erste, was ihr nach 26 Tagen auf hoher See gemacht habt, als ihr in Martinique ankamt? Was war es für ein Gefühl, wieder Land zu sehen?

Wir haben einen Ti' Punch getrunken (lacht)!

Da wir nachts ankamen, waren wir am nächsten Morgen begeistert, nach dem unendlichen Blau nun von grünen Mangroven umgeben zu sein. Die farbenfrohe und entspannte Atmosphäre der Karibik hat uns von Anfang an in ihren Bann gezogen.

Wie war eure Ankunft auf Martinique, ist das System in den Häfen anders als in Europa?

Der letzte Tag war sehr intensiv und schien nie enden zu wollen: starker Wind, Flaute, strömender Regen, Sonne, Regenbogen, Delfine und zu guter Letzt überhitzte unser Motor bei der nächtlichen Fahrt zum Ankerplatz. Schliesslich mussten wir das Manöver unter Segel durchführen, was wieder einmal ziemlich stressig war.

Die Häfen sind denen in Europa ähnlich, nur die Lateralisierung (rote und grüne Lichter an Backbord und Steuerbord) ist umgekehrt. Die Covid-Beschränkungen machen die Einreise in neue Länder etwas komplizierter, aber bis jetzt ist immer alles gut gegangen.

Wo seid ihr gerade und wie geht es weiter?

Nachdem wir St. Vincent und die Grenadinen, Martinique und Dominica besucht haben, sind wir nun in Rivière Sens, einem kleinen Dorf an der Westküste von Guadeloupe. Zurzeit sitzen wir hier wegen eines Motorschadens fest und warten auf Ersatzteile. Demnächst werden wir im Norden Antigua und Barbuda und, je nach Wind und Wetter, die Britischen Jungferninseln anlaufen. Im Juni beginnt offiziell die Hurrikansaison und dann müssen wir uns ausserhalb der Gefahrenzone befinden, d. h. entweder nördlich von North Carolina, auf der Höhe von Grenada oder weiter südlich. Wir werden uns wahrscheinlich für den Süden entscheiden - aber wir bleiben flexibel und unsere Pläne ändern sich ständig (lacht). Wir werden Sie auf dem Laufenden halten!

Zum Weiterlesen: Kristel Marbach auf hoher See

Frapp - Audrey Raffaelli / iwi
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