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Konfrontationsmomente

Die dritte Ausgabe des Magazins "État des Choses" fokussiert sich auf die Thematik der Konfrontation. Entstanden ist ein eindrucksvolles Zeitdokument.

Auf 128 Seiten setzen sich 50 Kunstschaffende mit dem Thema Konfrontation auseinander. © État des Choses

Das Magazin État des Choses ist seit Ende 2020 zentrale Plattform und Expressionsraum für hiesiges kreatives Schaffen aus junger Hand. Die auf Blatt gebannten literarischen und artistischen Reflexionen paraphrasieren Wahrnehmungen der Gegenwart. Nach den Themenschwerpunkten "Vertrauen" und "Komfort" der ersten beiden Ausgaben befassen sich die in der aktuellen dritten Edition präsentierten Inhalte mit dem Thema "Konfrontation".

Nebst dem üblichen Facettenreichtum an textlichen und visuellen Inhalten gewinnt die aktuelle Ausgabe von État des Choses vor allem durch eine fühlbare Dringlichkeit an Tiefe und Bedeutungsgehalt. Die Konfrontationsthematik setzte laut Co-Präsidentin des Vereins État des Choses, Julie Tiberghien, bei den 50 Mitwirkenden viel kreative Energie frei. Gepaart mit einer bemerkenswerten Offenheit und Direktheit entstanden touchierende Beiträge über Selbstbetrachtungen, Ängste, Hoffnungen, Frustrationen und Ambitionen, wie auch detaillierte Beobachtungen und Analysen sozialer, ökonomischer oder ökologischer Probleme.

Die Konfrontationsthematik baut laut Maxime Barras, Initiator und Kurator des Magazins, logisch auf den Auseinandersetzungen der ersten beiden Ausgaben des Magazins auf, wobei sich Magazin und Mitwirkende in der ersten Edition das Vertrauen ob der eigenen Relevanz und Expression aneigneten, sich dann in dieser exponierten Position festigten, um sich nun mit internen und externen Prozessen zu konfrontieren und diese zu hinterfragen. Also nicht mit dem generierten Selbstvertrauen in einer Komfortzone verharren, sondern reflektierende Progression wagen.

État des Choses erreicht mit den in dieser Ausgabe präsentierten Weit- und Tiefblicken eine höhere Stufe der Relevanz, indem die Mitwirkenden die Konfrontationsthematik zwischen Erlebtem und Erlebendem diskutieren. Die Inhalte der visuellen und textlichen Beiträge machen zudem eine Leitfrage hörbar, die sich nicht nur auf den papiernen Raum des Magazins beschränkt, sondern im Plenum der Gesellschaft resoniert: "Que faire alors pour retrouver l'équilibre des confrontations et l'unité?"

Zwischen Beobachtung und Introspektion

Die 128 Magazinseiten zeigen ein breites Spektrum an Deutungsperspektiven der Konfrontationsthematik. Darunter beispielsweise Michal Steinemann, die in ihren Illustrationen von verfloskelten Alltagsgesprächen die Konfrontationsvermeidung in der Gesellschaft paraphrasiert, oder Rebecca Solari, die sich im Rahmen eines Filmprojekts mit dem eigenen Bild sowie ihrer Rolle und Wirkung im Familienkontext konfrontiert. Nebst spannenden Erfahrungsmomenten anhand eines konkreten und persönlichen Beispiels zeichnet der von Rebecca Solari gewählte Fokus zudem eine Parallele zu gegenwärtigen Diskursen bezüglich der Wahrnehmung des eigenen Bilds zwischen Fiktion und Realität.

Eine andere Herangehensweise wählt der Freiburger Künstler Gunflamm, indem er seine innere Gefühls- und Gedankenwelt farbintensiv auf Leinwand bannt. Die Werke des Autodidakten sind abstrakt expressionistische Farb- und Formentgrenzungen, die gleichzeitig mit einer gewissen Schwerblütigkeit einen Baldachin aus Schatten spannen und durch ein lebendiges inneres Feuer leuchten. Gunflamm will innere Dämonen fassen und bannen. Während des Arbeitsprozesses versucht er seine kreativen Ströme zu kanalisieren, um eine gewisse Grundatmosphäre via Spontanität zu wahren. In dieser Schaffensphase sind in wenigen Monaten bereits hunderte Bilder entstanden, die vielleicht gerade wegen dieses Fokus auf den unverblümt sensiblen Konfrontationsmoment eine vizerale Körperlichkeit und die Kontemplation von Gunflamm spürbar machen. 

Die aktuelle Werkserie von Gunflamm trägt den Titel SZERO, ein Begriff, unter welchem auch der Musiker Diuce seine erste Trackserie veröffentlicht. Die beiden sind Weggefährten und kreative Komparsen, die in den letzten Jahren mit fast klandestiner Manier an ihrer künstlerischen Kooperation gefeilt haben. Laut Diuce wollten sie eine Ausdrucksform finden, die sowohl qualitativ hochstehend und prägnant zugleich ist. Musikalisch wie auch textlich beweist Diuce mit SZERO grosses Gespür für wohlbalancierte Stimmungslagen mit hörbarer Herznote und ungeschönten Deskriptionen. Gunflamm und Diuce legen ihr ihrem kreativen Schaffen ihre inneren Welten offen und schildern Realitäten junger Personen mit vorgegebenen, aber nicht passenden Lebenslinien.

Ihren Fokus auf qualitativ hochstehendes und ehrliches kreatives Schaffen wollen Gunflamm und Diuce in nächster Zeit in der Arbeit an einer Vernetzungsplattform/Label mit Namen Proagressif vertiefen - Mit Leidenschaft und Konzentration will Proagressif ein multidiziplinäres Kreativstudio und ein unabhängiges Kunstlabel für artistische Expression aufbauen.

Das Magazin État des Choses hat in wenigen Monaten ein Momentum generiert, das enorm viel kreative Energie freisetzt und viele junge Kunstschaffende dazu motiviert hat, sich in verschiedensten Disziplinen und Kontexten zu versuchen und sich über aktuelle Themen sowohl beobachtend distanziert, wie auch gefühlsecht nahe an der eigenen Wahrnehmung zu äussern. Respekt vor diesem Engagement, das eine Dynamik mitgestaltet, die so enorm wichtig für eine lebendige Kultur ist.

RadioFr. - Valentin Brügger
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