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Die Tierexperimente der Uni Freiburg stossen auf Gegenwind

Vor zwei Wochen fand in Freiburg eine Demonstration gegen Tierforschungsexperimente der Uni Freiburg statt. Alle Punkte zur hitzigen Debatte.

Mit einem ähnlichen Foto wird für die Demonstration vor der Uni Freiburg geworben. (Symbolbild) © Keystone

Fast hundert Forschungsprojekte mit Tierversuchen waren im letzten Jahr im Kanton Freiburg zu Forschungszwecken für Experimente zugelassen, so das Veterinäramt. Solche Versuche gibt es in der Schweiz nur an den Universitäten Freiburg und Zürich. Ein Dorn im Auge der Schweizer Liga gegen Tierversuche LSCV, welche für diesen Samstag eine grosse Demonstration in der Stadt Freiburg und vor dem Universitätsgebäude planen. Warum braucht die Forschung Tierexperimente? Wie sieht die Gesetzeslage dazu aus und welche Forderungen sind auf dem Tisch?

Kontroverses Foto auf dem Demo-Flyer

Vor Covid gab es bereits solche Demonstrationen in Freiburg, doch etwas ist heuer anders. Die Universität sah sich offenbar im Vorfeld gezwungen, diesbezüglich eine Medienmitteilung zu verfassen. Darin wolle man "ein paar Punkte klarstellen". Auf dem Demo-Flyer ist ein Affe mit traurigem Blick hinter Gitter abgebildet. Die Universität unterstreicht:

Das verwendete Bild stammt nicht aus unserer Tierhaltung.

Ausserdem handle es sich bei Primaten-Experimenten global gesehen zu 90 Prozent um Beobachtungsstudien, wo die Tiere keinerlei Belastung ausgesetzt seien. 

Benja Frei vom Präsidium der Liga gegen Tierversuche LSCV nimmt das Communiqué der Universität Freiburg als positive Überraschung zur Kenntnis: "Man kann es als Erfolg werten, dass die Universität sich vor unserer Demonstration gezwungen fühlt, zu kommunizieren." Und Benja Frei fügt an:

Gerne hätten wir Fotos der Affen der Universität Freiburg verwendet, leider sind diese nicht öffentlich verfügbar. Obwohl diese Versuche von der öffentlichen Hand finanziert werden.

Auf Anfrage von RadioFr. hat die Universität Freiburg einige Bilder zu ihrer Tierhaltung zur Verfügung gestellt.

Quelle: Universität Freiburg (Jean-Paul Guinnard)

Sind die Gesetze wirklich so streng?

"Grosse Pharmakonzerne wie zum Beispiel Roche oder Novartis haben jenseits der Schweizer Grenze ihre Tierversuchslabors, weil die Gesetzgebung in der Schweiz so streng ist", sagt der Freiburger Kantonstierarzt Grégroire Seitert auf Anfrage von RadioFr. So könnten in der Schweiz Forschende am Tier sogar angeklagt werden. Ausserdem gäbe es eine unabhängige Tierschutzkommission, die jeden Entscheid abwäge. Doch damit nicht genug:  Marius Widmer von der Universität Freiburg betont, dass die Kriterien, um mit Tierexperimenten zu forschen, sehr streng seien:

Der Kanton muss es bewilligen, der Bund kann Veto einlegen und es gibt dazu auch eine Rekursfrist. Die Schweiz ist sehr streng.

Die Krux um die Kontrollen der Tierversuche

Die zuständigen Behörden müssten in der Schweiz ausserdem jedes Jahr mindestens zwanzig Prozent der bewilligten Tierversuche kontrollieren. In einer früheren Version dieses Artikels wurde Benja Frei von der LSCV mit der Aussage zitiert, dass dieser gesetzliche Mindestwert von zwanzig Prozent vom Kanton Zürich nicht eingehalten werden könne und dass ein strenges Gesetz mit ungenügender Umsetzung nichts bringe. Dabei bezog sich Benja Frei auf die Zahlen vom Jahr 2020, als der Kanton Zürich laut Bericht tatsächlich nur rund 1.9 Prozent, respektive 16 von 851, aller Tierversuche kontrollieren konnte und somit das gesetzliche Minimum nicht erfüllt hat.

Wie das kantonale Veterinäramt von Zürich nun korrigierend mitteilt, sind diese Umstände aber nicht mehr aktuell. Der Jahresbericht 2022 zeigt ein anderes Bild: Über zwanzig Prozent, respektive 172 der 863 laufenden Tierversuche wurden kontrolliert. Zudem habe das LSCV entsprechende Zahlen nicht beim zuständigen Amt angefragt, wie in der ersten Version des Artikels erwähnt wurde.

Schliesslich ist aber auch der Kanton Freiburg gesetzeskonform unterwegs. Aus dem Jahresbericht des Veterinäramtes ist zu entnehmen, dass alle Tierheime, in welchen die entsprechenden Tiere untergebracht sind, kontrolliert wurden. Auf Nachfrage von RadioFr. sagt Kantonstierarzt Grégoire Seitert:

20.8 Prozent der Tierexperimente im Kanton Freiburg wurden im letzten Jahr kontrolliert.

Damit liegt man auf dem gesetzlichen Minimum, erfüllt es aber. Ein weiterer Punkt, den Benja Frei stört: "Die Tierschutzkommission ist nicht neutral und aus unserer Sicht illegal zusammengesetzt." Denn diese Menschen seien nie im Tierschutz aktiv gewesen. 

Gibt es bald ein Verbot?

Marius Widmer von der Universität Freiburg betont die Wichtigkeit dieser Tierversuche in der Forschung. Sie hätten gerade in der Grundlagenforschung, Impfungen und Krankheiten einen grossen Nutzen. Ein Verbot von Tierexperimenten wäre für den Forschungsplatz Schweiz verheerend. Auch, weil dann diese Versuche im Ausland stattfinden würden, wo weniger strikte Regeln gelten. Die Universität unterstreicht aber:

Wir arbeiten daran, Versuche, die heute am Tiermodell umgesetzt werden, mit alternativen Methoden zu ersetzen.

Die Liga gegen Tierversuche strebt zwar langfristig das Ziel des Verbotes an, dafür müssten aber genügend alternative Forschungsmethoden existieren. Und genau da liege das Problem laut Benja Frei, es gäbe eine Missförderung des Bundes:

Wir geben pro Jahr rund hundert Millionen Steuergelder für Tierexperimente aus. Um alternative Methoden zu entwickeln, nur deren drei Millionen. 

Bei dieser "miserablen" Verteilung der Gelder, könne man auch keine alternativen Methoden ohne Tierexperimente entwickeln. 

Bei aller Uneinigkeit sind die Universität Freiburg und die LSCV aber in einem Punkt gleicher Meinung: Das Tierwohl ist sehr wichtig und alternative Forschungsmethoden, die Tierexperimente ersetzen könnten, wären wünschenswert. Die Demonstration in Freiburg dürfte am Samstag trotzdem zu vielen hitzigen Diskussionen führen. 

RadioFr. - Renato Forni
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