"Textures" schreibt sein zweites Kapitel in Freiburg

Matthieu Corpataux hat vor mehr als zwei Jahren die Leitung der Westschweizer Buchmesse übernommen. Daraus entstand das Festival Textures.

Matthieu Corpataux bei der letzten Ausgabe des Textures-Festivals. © Julien James Auzan

Vom 1. bis zum 5. März findet das Literaturfestival "Textures" in Freiburg statt. Was dieses Festival von anderen Buchmessen unterscheidet, erklärt der Organisator Matthieu Corpataux im Interview mit Frapp.

Frapp: Was ist das Textures?

Matthieu Corpataux: Es ist ein mehrsprachiges Literaturfestival mit Veranstaltungen auf Französisch, Italienisch und Deutsch und hat die Besonderheit, dass es sich auf Künstler, Autorinnen und Autoren konzentriert. Es werden nicht speziell Verlage eingeladen, wie dies bei Buchmessen in der Westschweiz üblich ist. Sondern es werden Schriftsteller und Schriftstellerinnen eingeladen, die Lesungen auf der Bühne, Diskussionsrunden oder auch Auftritte machen. Die Besonderheit des Festivals besteht darin, dass es alle Künstlerinnen und Künstler anständig entlohnt werden. Es ist viel mehr geworden als der "Salon du livre romand".

Frapp: Warum eine mehrsprachige Veranstaltung?

Es ist etwas, das für mich ziemlich wichtig ist. Ich denke, man muss von dieser regionalistischen Identität wegkommen, welche die Westschweizer Literatur auf die Romandie beschränkt. Aus meiner Sicht gibt es viele interessante Dinge auf der deutschsprachigen Seite, im Tessin, genauso wie in Frankreich, Deutschland, Italien, in ganz Europa. Es entstand in der Idee, die Literatur zu entgrenzen. 

Frapp: Was erwartet die Besucherinnen und Besucher auf dem Festival?

Es gibt viele performative Lesungen: Schriftstellerinnen und Schriftsteller, die auf der Bühne stehen, begleitet von Musik und Projektionen, die Auszüge aus ihren Texten vorlesen, vielleicht begleitet von Tänzen. Es gibt auch partizipative Performances, zum Beispiel Live-Zeichnungen. Das Ziel ist es, aus der kommerziellen Beziehung auszubrechen, die man bei vielen Veranstaltungen dieser Art finden kann. Der Künstler steht dabei im Mittelpunkt der Veranstaltung.

Frapp: Das Festival findet an verschiedenen Standorten der Stadt Freiburg statt. Wo sind diese zu finden?

Wir haben zwei Hauptstandorte, das Arsen'Alt, eines der historischen Zentren dieser Veranstaltung, und wir investieren dieses Jahr noch in das MEMO, die Bibliothek der Stadt Freiburg, in der mehrere Bühnenräume eingerichtet werden. Bei Veranstaltungen, die eine grössere Logistik oder Technik erfordern, arbeiten wir mit den Freiburger Kulturinstitutionen zusammen. Es wird Konzerte im Fri-Son und im Nouveau Monde geben, und für Filmvorführungen arbeiten wir mit dem Kino REX zusammen.

Frapp: Wie viele Personen werden ihre Werke präsentieren?

Wir haben zwischen 70 und 80 Auftretende an etwa 50 Veranstaltungen. Was wir gerne machen, ist, die Leute an mehreren Orten auftreten zu lassen. Antoine Jaccoud zum Beispiel wird am Donnerstagabend eine kommentierte Lesung des neuen Films von Ursula Meier halten, für den er das Drehbuch geschrieben hat. Am nächsten Tag wird er in einem Auftritt mit Sara Oswald zu sehen sein und am Samstag noch einmal für ein Gespräch über den Beruf des Drehbuchautors.

Das gesamte Programm von Textures gibt es auf der Webseite des Literaturfestivals.

Folgende Programmpunkte sind deutschsprachig:

Luuk & Knackeboul (2. März, 21:00): Die beiden Schweizer Rapper sprechen über Musik, bewerten Restaurants, die sie besucht haben, oder unterhalten sich über Gott und die Welt – genau wie in ihrem Podcast, aber live und vor Publikum. Nichts ist geplant, alles ist möglich.

Bern ist überall - Le climat aussi (3. März, 20:00): Das Kollektiv "Bern ist überall" bietet zweisprachige musikalische Performances an, die unsere Beziehung mit der Welt hinterfragen. Diese Performance, vorgetragen von Antoine Jaccoud, Gerhard Meister sowie Rébecca Balestra und begleitet vom Pianisten Christian Brantschen, ist geprägt von der Herausforderung des Jahrhunderts: dem Klimawandel.

Marinka Limat & André Vladimir Heiz (4. März, 17:00): "Funken – Zu Fuss zur Kunst" ist ein performativer Dialog. Für dieses Projekt wanderte Marinka Limat über 3’000 km durch Europa und hielt ihre Begegnungen in einem Buch fest. Die zweisprachige Performance findet im Dialog mit dem Autor André Vladimir Heiz statt, mit dem sie auf der Bühne eine enge Komplizenschaft entwickelt.

Simone Lappert (4. März, 20:00): "Längst fällige Verwilderung" ist eine Spoken Poetry Performance darin vermoosen Gedanken und leuchtet der Mond siliziumhell. Die Liebe schmeckt nach Quitte, die Katastrophe nach Erdbeeren. 
Die versierte E-Bassistin Martina Berther greift das Bildmaterial der Gedichte musikalisch auf, kontrastiert, begleitet und spitzt zu.

Übersetzen mit Valentin Decoppet (5. März, 10:00): Pineux, knackig oder völlig unverstandable – manche Übersetzungspassagen verdienen es, dass man sich mit ihnen beschäftigt und sie mit den Lösungen anderer Übersetzer*innen vergleicht. Und genau das soll in diesem Workshop geschehen: die Freude am Austausch über einen Text durch das Übersetzen (wieder)entdecken.

Noemi Somalvico (5. März, 13:00): «Wenn es in schwierigen Zeiten auf etwas ankommt, dann auf Licht.» Eine Lesung aus Somalvicos Debüt "Ist hier das Jenseits, fragt Schwein". Im Halbdunkel, mit Musik aus einem alten, scheppernden Kassettengerät führt die Lesung ins Jenseits. 

Ariane Koch (5. März, 14:00): Vom Weggehen und Bleiben, von leeren Häusern und Fischgräbern, von Ziegelmännern und Exorzisten: Mithilfe von Gitarren, einem E-Piano, einem Diktiergerät und Harmonium lesen und singen Nadja Zela und Ariane Koch gemeinsam Nadjas Songs und Arianes Roman "Die Aufdrängung". 

Frapp - Rémi Alt
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