"Die Leute üben sehr viel Kritik"

Warum gibt es immer weniger Leute, die in einem Gemeinderat sitzen wollen? Ehemalige und amtierende Gemeinderätinnen und -räte sprechen über die Politik im Sensebezirk.

In den Gemeindehäusern läuft heute vieles anders als noch vor 40 Jahren. © RadioFr.

Otto Lötscher könnte helfen, diese Frage zu beantworten. Er ist ein alter Hase in der hiesigen Gemeindepolitik. Von 1982 bis 2021 war er im Gemeinderat von Plaffeien, während 25 Jahren war er Syndic der Sensler Gemeinde. Dieses Amt mit seinem Berufs- und Privatleben zu vereinbaren, sei für ihn nie einfach gewesen.

Beruf und Politik zu vereinbaren, ist ein Spagat. Es war keine einfache Zeit.

Oft sass Otto Lötscher auch am Sonntag noch im Büro und hat geschäftliche Dinge für sein eigenes Unternehmen erledigt. Er könne sich nicht an viele Jahre erinnern, in denen er mehr als eine Woche Ferien gemacht hat. Heute sei so etwas unvorstellbar.

Freizeit hat heute einen anderen Stellenwert, als damals, als ich noch jung gewesen bin.

Die Gemeinderätinnen und Gemeinderäten werden heute auch besser für ihren Aufwand entschädigt. Eine faire Bezahlung sei auch deshalb wichtig, weil die Wertschätzung in der Bevölkerung bei weitem nicht mehr so gross sei wie früher. Vor Otto Lötschers Zeit in der Politik, habe der Syndic im Dorf noch grösseres Ansehen genossen.

So läuft es heute

Im Gemeinderat zu sein, ist auch heute noch zeitaufwendig. Das wissen Viktoria Malecki, Gemeinderätin in Bösingen, und Andreas Freiburghaus, Syndic in der Gemeinde Wünnewil-Flamatt.

Die Sitzungen, die mehrmals pro Woche anstehen sowie die Vor- und Nachbereitung der Geschäfte sorge oft dafür, dass die Gemeinderatsarbeit fast omnipräsent sei. Auch Andreas Freiburghaus meint dazu, dass man eigentlich immer an irgendetwas "herumstudiere". Der Aufwand sei je nach Ressort und je nach Person unterschiedlich gross.

In Wünnewil-Flamatt sind alle Gemeinderatsmitglieder zu 20 Prozent angestellt, der Gemeinderatspräsident zu 50 Prozent. In der kleineren Gemeinde Bösingen erhalten die Mitglieder eine Jahrespauschale plus Sitzungsgelder.

Ein grosser Teil des Gemeinderatsamts passiere auf Kosten des Privatlebens, so Malecki, die seit drei Jahren im Bösinger Gemeinderat sitzt. Die Zusammenarbeit mit verschiedenen Menschen, der Austausch im Gremium und mit der Bevölkerung sowie die Leidenschaft für Politik nennen beide Gemeinderatsmitglieder als grosse Motivation, um das Amt trotz des grossen Aufwandes gerne auszuführen. 

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RadioFr. - Patrizia Nägelin
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