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"Niemand will in den Gemeinderat"

Es wird immer schwieriger, Kandidatinnen und Kandidaten für die Gemeinderatsämter zu finden. Warum ist das so?

Die Wahllisten bei Gemeinderatswahlen sind oft eher kurz. © Keystone

In vielen Gemeinden haben die lokalen Parteien Mühe, genügend Kandidatinnen und Kandidaten für die Gemeinderatswahlen aufzustellen. Sind die Leute einmal organisiert und ein neuer Rat gewählt, demissionieren viele von ihnen bereits vor Ablauf der Legislatur. Im Sensebezirk hat in der laufenden Legislatur bereits jeder fünfte Gemeinderat sein Amt wieder abgegeben.

Laut Politikwissenschaftler Pirmin Bundi von der Universität Lausanne ist freiwilliges Engagement im Allgemeinen in der heutigen Gesellschaft nicht mehr hoch im Kurs. Das liege einerseits daran, dass die Freizeit einen hohen Stellenwert hat und die Arbeitswelt anspruchsvoller geworden ist. Das merke nicht nur die Politik, sondern auch andere Vereine, die auf freiwillige Helferinnen und Helfer angewiesen sind.

Heutzutage sind die individualisierten Werte im Fokus und nicht mehr das Gemeinwohl.

Pirmin Bundi, Politologe

Das heisse aber nicht, dass sich die Menschen gar nicht mehr engagieren. Es werde aber lieber punktuell in speziellen Projekten ausgeholfen, die sich nicht über einen langen Zeitraum erstrecken. Zum Beispiel seien zu Beginn des Ukrainekriegs ganz viele Spende- und Sammelaktionen organisiert worden. Das Engagement muss zeitlich und thematische gebunden sein, um die Leute abzuholen, so Bundi weiter.

Warum wird demissioniert?

Die Gründe, weshalb Politikerinnen und Politiker frühzeitig von ihrem Amt zurücktreten, sind vielfältig und bei jeder Person unterschiedlich. Viktoria Malecki, Gemeinderätin von Bösingen, zählt einige auf: ein Wechsel des Wohnsitzes oder der Arbeitsstelle, eine neue familiäre Situation oder auch Konflikte im Gemeinderat oder mit der Verwaltung. Dies seien Gründe, die auch in der Privatwirtschaft zu einem Stellenwechsel führen können, sagt Malecki.

Aber es gibt noch mehr Gründe, weshalb so häufig demissioniert wird. Andreas Freiburghaus, Syndic der Gemeinde Wünnewil-Flamatt, meint, dass viele Leute gar nicht wüssten, was sie nach dem Amtsantritt erwartet:

Die Parteien müssen den Kandidatinnen und Kandidaten reinen Wein einschenken.

Viele Leute, besonders Frauen, würden es sich selbst auch gar nicht zutrauen, ein politisches Amt zu übernehmen, ergänzt Andreas Freiburghaus.

Eine andere Perspektive eröffnet Viktoria Malecki: vielleicht sei die allgemeine gesellschaftliche Situation zu gut. Sprich: für die Leute sei es nicht dringlich genug, sich aktiv politisch zu engagieren.

Wir haben alle Bedürfnisse abgedeckt und sind zufrieden.

Den Leuten gehe es (zu) gut. Erst in schwierigen Zeiten steige das Interesse an der Politik, wenn die Menschen unzufrieden sind und sich gegen die herrschenden Verhältnisse auflehnen wollen.

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