"Ich bin Alkoholiker und stehe dazu"

Ein Deutschfreiburger Alkoholiker will in Düdingen die erste Selbsthilfegruppe mit dem "Blauen Kreuz" lancieren. Das kostete ihn viel Mut.

Das alkoholische Lieblingsgetränk der Schweizerinnen und Schweizer ist der Rotwein. Total haben wir im letzten Jahr 167 Millionen Liter davon getrunken. (Quelle: Statista) © keystone.ch

Es ist eine angespannte Stimmung, an jenem Montagabend in einem Industriegebäude in Düdingen. Es scheint fast so, als wären die Leute hier von der Gesellschaft an den Rand getrieben worden. Knapp 10 Personen sind anwesend, geschätzt zwischen 35 und 75 Jahren, zwei Frauen. Darunter ist auch der Alkoholiker Marc*.

Eine Viertelmillion Alkoholiker

Als Marc wegen gesundheitlichen Problemen nicht mehr arbeiten konnte, ist er immer tiefer in den Alkoholismus abgedriftet:

Ich habe es nicht einmal gemerkt, es ist eine schleichende Krankheit.

Er habe durch den Alkoholismus sein ganzes Privatleben kaputt gemacht und angefangen zu lügen, fügt der Deutschfreiburger an. Dies will er hinter sich lassen. Er hat seinen ganzen Mut zusammengenommen und die Wahrheit auf den Tisch gelegt: "Ich verstecke mich nicht und ich bin glücklich."

Das Bundesamt für Statistik geht davon aus, dass es rund 250'000 Alkoholikerinnen und Alkoholiker in der Schweiz gibt - Marc ist einer davon. Ausserdem konsumiert jeder Fünfte demnach Alkohol missbräuchlich und trinkt sich mindestens einmal pro Monat in einen Rausch.

Sensler Alkoholiker kommen nicht in die Stadt

Marc geht bereits an die Treffen der "Anonymen Alkoholiker" in der Stadt Freiburg. Doch sei es wegen der Sprache, wegen des Weges oder aus anderen Gründen: "Viele Seisler wollen nicht in die Stadt kommen." Deshalb hatte er Eigeninitiative bewiesen und das "Blaue Kreuz" angerufen. Die Idee der Selbsthilfegruppe in Düdingen ist folgende:

Wir können über alles sprechen, jede/r ist willkommen. Hoffentlich kann ich anderen helfen, und sie mir auch.

Der gegenseitige Erfahrungsaustausch ist die Basis der Selbsthilfegruppe in Düdingen. Nach dem unverbindlichen Informationsabend geht es nun darum, eine konkrete Teilnehmerliste zu erstellen.

Das "Blaue Kreuz" koordiniert und organisiert

Dafür zuständig ist die Suchtberaterin und Koordinatorin Evelyne Kalbermatten vom "Blauen Kreuz Bern-Freiburg-Solothurn". Sie organisiert zum Beispiel die Räumlichkeiten oder kann als Ventil gruppeninterne Spannungen lösen. Es gibt zwei Ziele, welche am Infoabend in Düdingen definiert worden sind: "Entweder die Abstinenz aufrechterhalten oder einen massvollen Konsum". Um diese Ziele zu erreichen, haben die Selbsthilfegruppe und das "Blaue Kreuz" einige Leitplanken:

Das Gegenüber wird als gleichberechtigte Person angeschaut und wertgeschätzt. Ausserdem darf man nicht unter Alkoholeinfluss ans Treffen kommen.

Als dritter Punkt fügt Evelyne Kalbermatten an, dass die Teilnehmenden innerhalb der Selbsthilfegruppe die Alkoholsucht immer als Krankheit anerkennen. Im Gegensatz zu den "Anonymen Alkoholiker" sind die Gruppen beim "Blauen Kreuz" ausserdem kleiner und haben einen weniger starr-vorgegebenen Ablauf.

*Name der Redaktion bekannt und geändert.

RadioFr. - Renato Forni
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