Willkommen in Freiburgs LSD-Zimmer
Direkt hinter dem HFR Freiburg befindet sich das Netzwerk für psychische Gesundheit FNPG. Mit einem ganz speziellen Therapie-Zimmer.
Dr. Gregor Hasler öffnet eine gewöhnliche, weisse Tür in den Räumlichkeiten des Freiburger Netzwerks für psychische Gesundheit. "Bitte nicht stören", steht auf einem Schild, das an der Tür hängt. "Das hier ist unser LSD-Zimmer", sagt Hasler und betritt das Zimmer.
Weder düster noch einschüchternd ist die Atmosphäre hier. Im Gegenteil. Ein Bett, ein blumiger roter Sessel, der an eine Lilie erinnert, Kerzen, Meditationskissen und beeindruckende Landschaftsfotografien an den Wänden. Die Einrichtung vermittelt Ruhe und eine gewisse Geborgenheit.
Nicht für jeden geeignet
"LSD-Therapien werden häufig in Räumen durchgeführt, die einem Wohnzimmer ähnlich sind. Patientinnen und Patienten müssen sich wohl fühlen", erklärt Dr. Gregor Hasler. Er ist Psychiater und Chefarzt am FNPG und leitet seine eigene Abteilung. Neben LSD setzt Hasler in seinen Therapiesitzungen auch MDMA oder Ketamin ein. "Das Faszinierende an diesen Substanzen ist, dass sie nicht abhängig machen", erklärt er.
Bevor seine Patienten aber auf dem blumigen Sessel Platz nehmen können, bedarf es einer breiten Abklärung. Nicht alle Menschen sprechen positiv auf bewusstseinsverändernden Substanzen an. "Menschen mit Schizophrenie oder bipolaren Dissfunktionen werden von der Therapie ausgeschlossen", sagt Hasler. Der Andrang sei gross.
Täglich erhalte ich mehrere Anfragen. Sie kommen von überall - aus Freiburg, Basel oder Zürich.
Einen Platz erhält nur, wer "therapieresistent" ist, erklärt Hasler. Starke Depressionen und unzählige Therapien und Antidepressiva, die keine Wirkung gezeigt haben. Ein langer Leidensweg, den seine Patientinnen und Patienten hinter sich haben.
Weg vom Egoismus
Sind alle Abklärungen und Vorgespräche positiv, dann kommt der grosse Drug-Day. "Wir nennen ihn auch Substanz-Tag. Die Patienten sind um 9.00 Uhr hier und erhalten eine halbe Stunde später eine Dosis LSD. Danach bleiben sie acht Stunden im Zimmer und ich begleite sie auf dem Trip", erzählt Hasler. Immer wieder erkundigt sich der Psychiater, wie es seinem Klienten geht. Wie sie sich fühlen, was sie sehen oder spüren.
"Danach müssen die Patienten abgeholt werden. Sie schreiben einen Erfahrungsbericht und am nächsten Tag folgt ein Integrationsgespräch", so Hasler. Dabei wird besprochen, was sich während des Trips gezeigt hat. "Normalerweise sind wir sehr auf uns selber fokussiert. Mit der Substanz wird der Egoismus ein bisschen aufgelöst und wir sehen, dass das Ego wie ein Käfig ist. Und wie hoch der Preis für diese Lebensweise ist", sagt Hasler. Bewusstseins-erweiternd – so, wie LSD und andere Substanzen sich eben auswirken.
Am Anfang stand eine Patientin und eine positive Erfahrung. Jetzt bin ich mit Herzblut dabei eine neue Psycho-Therapie zu entwickeln.
Früher war Hasler selbst skeptisch, wenn es um die Therapie mit Drogen ging. Heute hat er bereits ein Buch darüber geschrieben, wie sich Psychedelika in der Psychotherapie auswirken. Daneben steht er in engem Austausch mit seinen Kollegen. "Natürlich ist es nicht ungefährlich, wenn man so lange so ausgeliefert ist. Deshalb braucht es Sicherheitsrichtlinien, damit die Patientinnen und Patienten in der Therapie sicher sind", erklärt er.
Antidepressive Wirkung, aber keine Heilung
Auch wenn die Therapieerfolge vielversprechend sind, der LSD Trip unter Aufsicht zeigt nicht bei allen Patienten Wirkung. "Es ist leider kein Wundermittel. Es gibt eine Drittel-Regel. Ein Drittel reagiert fast nicht, ein Drittel fühlt sich ein bisschen besser und ein Drittel profitiert voll und ganz davon", sagt Hasler. Geheilt sind seine Patienten nach dem Trip aber nicht. Sie bleiben weiter in Therapie.