Nach UKW-Abschaltung: Was passiert im Krisenfall?

Über Ultra-Kurz-Welle wird nur noch bis Ende 2026 gesendet. Schweigt das alte Radio also künftig auch im Krisenfall? Wir haben nachgefragt.

Manche älteren Radios können mittels Adapter auf DAB+ aufgerüstet werden. Die übrigen empfangen ab 2027 keine Schweizer Sender mehr. © pexels / Ron Lach

Ein batteriebetriebenes Radio gehört zum Notvorrat, der vom Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung empfohlen wird. Kauft man heute ein solches Gerät, so ist es mit der neuen DAB+ Technologie ausgestattet - ältere Geräte können jedoch nur UKW empfangen.

Informatik-Professor Edy Portmann vom Institut Human-IST der Universität Freiburg findet es bedenklich, die UKW-Antennen abzuschalten. Er fragt sich: "Was passiert, wenn nur noch über DAB+ gesendet wird, und es einen Katastrophenfall gibt - wie etwa ein Feuer in einem Tunnel?" Menschen in älteren Autos, deren Radios nicht mit der neuen DAB+ Technologie ausgerüstet seien, könne man dann nicht mehr erreichen. "Da kann es sein, dass man wichtige Informationen nicht mitbekommt."

Laut Zahlen der SRG haben tatsächlich fast die Hälfte aller Autos in der Schweiz ein älteres Radio, das nur UKW empfangen kann und kein DAB+. Hier herrscht spätestens ab 2027 Funkstille, ausser das Radio wird auf DAB+ aufgerüstet

Separates Antennen-Netz für den Notfall

Im Krisenfall kann man Informationen auch über ein älteres Radio empfangen, sagt Patrick Noger, Koordinator Bevölkerungsschutz im Kanton Freiburg. Er erklärt: "Für diesen Fall hat der Bund noch immer sein Notfallradio. Das nennt sich IBBK -  'Information der Bevölkerung durch den Bund in Krisenlagen' - und basiert auch weiterhin auf UKW-Wellen. Allerdings sind das Notsendeanlagen mit einer viel grösseren Sendeleistung." Diese seien besonders geschützt und kämen zum Einsatz, wenn über die ordentlichen Systeme nicht mehr gesendet werden könne.

Radio-Übertragungen dieser Notsendeanlagen würden auch von dicken Wänden nicht aufgehalten, sodass sie auch im Luftschutzkeller oder Bunker noch empfangen werden können. Jedes DAB+-fähige Gerät kann zudem auch UKW empfangen.

Was den alltäglichen Radio-Gebrauch angehe, verfolge der Bevölkerungsschutz die Umstellung auf DAB+ aufmerksam mit, sagt Noger. Er betont: "Radio bleibt ein wichtiges Mittel zur Verbreitung von Informationen und die Übermittlung von Warnungen an die Bevölkerung."

UKW als Plan B weiterbetreiben?

Noger und Portmann weisen beide auch auf die Vorteile von DAB+ hin: es sind mehr Sender verfügbar, die Übertragung ist flächendeckender, und die Empfangsqualität ist besser. Die UKW-Antennen abzuschalten und nur noch DAB+ zu betreiben führe zudem zu weniger Strahlung und verbrauche weniger Energie, fügt Informatik-Professor Portmann hinzu. Er sagt jedoch auch: "Wenn man beides nebeneinander betreibt, wird das System robuster."

In jedem System sollte man Redundanzen einbauen, also einen Plan B für den Notfall haben. "Ein Flugzeug hat eine elektronische Steuerung. Sollte diese ausfallen, gibt es noch eine mechanische, und wenn diese ausfällt, wird auf die pneumatische Steuerung zurückgegriffen. Das sind drei Redundanzen. Wenn man hier auf eine heruntergeht, entstehen immer Anfälligkeiten."

SRF nur noch bis Ende 2024 auf UKW

Vor Kurzem hat die Schweizerische Rundfunk- und Fernsehgesellschaft SRG angekündigt, ihre UKW-Antennen bereits Ende 2024 auszuschalten. Dadurch spare man jährlich rund 15 Millionen Franken, lautete die Begründung. Die Sender von Radio SRF können damit nur noch bis Ende Jahr über UKW empfangen werden. Privaten Schweizer Radiosendern steht diese Entscheidung offen. Radio Freiburg beispielsweise kann noch bis Ende 2026 über UKW empfangen werden. 

Laut Informationen des SRF nutzen zehn Prozent aller Hörerinnen und -hörer bis heute nur UKW. Was passiert mit ihnen, wenn diese Technologie abgeschaltet wird? Das fragt sich auch Edy Portmann: "Bei Service-Public-Angeboten des Bundes, die oft eine fast monopolistische Stellung wie die SRG haben, sollte man nicht nur auf Kostenoptimierung achten, sondern auf die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger. Solange nicht alle umgestellt haben, sollte es ein Angebot für diejenigen geben, die nicht umstellen wollen oder können."

RadioFr. - Iris Wippich
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