"Weshalb müssen wir jetzt weg?"

Im Frühling 1994 zerstörte ein Erdrutsch die Ferienhaussiedlung Falli-Hölli. Betroffene erzählen, wie es war, das Chalet zu verlieren.

Dieses Bild aus Plasselb stammt vom Juli 1994. © Keystone

Stellt euch vor, ihr müsst plötzlich euer geliebtes Haus verlassen, weil es dort wegen einer Naturgewalt nicht mehr sicher ist. Der kürzliche Fall in Brienz erinnert an die Situation vor 29 Jahren in Plasselb. Innerhalb weniger Wochen sorgte ein Erdrutsch dafür, dass die Ferienhaussiedlung Falli-Hölli mit 37 Gebäuden vollständig zerstört wurde.

Eines dieser Chalets gehörte Irene Kindle. 1972 hat die Baslerin zusammen mit ihrem Mann zu unterst in der Siedlung ein Haus gekauft. Nur das Restaurant gab es damals bereits. Jede Woche ist das Paar mit ihren Kindern und Enkelkindern von Donnerstag bis Montag von Basel ins Sensler Oberland gefahren.

Das Schönste war das Wandern, wir benötigten kein Auto und waren schnell am Berg.

Irene Kindle, ehemalige Chalet-Besitzerin

Tochter Conny Brügger und Grosskind Debora Aebischer vergnügten sich vor allem beim Skifahren. "Das Restaurant blieb mir am meisten. Nach dem Nachtskifahren versammelten wir uns jeweils im Beizli, tranken etwas und fühlten uns wohl", erinnert sich Debora Aebischer zurück, die damals ein Kind war.

Das gute Gefühl änderte sich schlagartig, als im Frühling 1994 der Hang zu rutschen begann. Zunächst sei die Hoffnung da gewesen, dass es nur die obersten Chalets betrifft. Kurze Zeit später musste Irene Kindle und ihre Familie ihr Haus dann verlassen. "Ich stand auf dem Parkplatz und fragte meinen Onkel, ob wir jetzt wirklich gehen müssen. Ich konnte das als Achtjährige nicht verstehen", sagt Aebischer.

Der Schicksalsschlag traf auch die Mutter, Conny Brügger, schwer. Sie hätten möglichst alles mitgenommen, einiges blieb zurück.

Ein Krisenstab bildet sich

Aufgrund des Erdrutsches wurde vor 29 Jahren ein Krisenstab errichtet. Dieser bestand den anstössigen Gemeinden der Aergera und Behörden. Gilbert Boschung trat kurz zuvor in den Gemeinderat von St. Silvester ein und wurde sogleich für den Krisenstab Falli-Hölli eingeteilt - quasi als erste Amtsaufgabe. Die Führungserfahrung sammelte er im Militär.

Boschung und sein Team mussten bald einmal die Bewohnerinnen und Bewohner evakuieren. Die meisten Leute hätten es schnell begriffen, dass sie fort mussten. "Bei einigen benötigte es ein Gespräch mehr", erklärt Boschung.

Für ihn sei der Krisenstab eine Lebensschule gewesen, etwas, das man nicht studieren könne. Boschung bilanziert die Evakuierung als gelungen, verletzt wurde damals niemand.

Wie reagiert der Kanton Freiburg?

Für kommende Erdrutsche sei der Kanton Freiburg gewappnet, versichert Benoît Mazotti, der Sektionschef Amt für Wald und Naturgefahren. Der Fall in Brienz helfe dem Kanton, welche Präventionsmassnahmen ergriffen wurden. "Es ist interessant, zu wissen, wie die Kommunikation zwischen den Behörden und den Betroffenen abläuft."

Was heisst das für die Zukunft? In Schwarzsee beim Gerendacherli, wo sich auch das Restaurant Mösli befindet, gehört zur roten Zone, also eine erhebliche Gefahr für einen Erdrutsch. "Vor fünf Jahren installierten wir eine GPS-Überwachung und kontrollieren mit Drohnen einen allfälligen Hangrutsch", sagt Mazotti. Der Kanton informiere die Bewohnenden jedes Jahr über die aktuelle Situation.

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RadioFr. - Fabian Aebischer
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