"Wir haben erfahren, dass der Verstorbene ein Kollege war"
2019 kam beim Brand der Conciergerie des Poya-Schlosses eine Person ums Leben. Ein Feuerwehrmann erzählt vom schwierigen Einsatz.

RadioFr. hat mit Betroffenen des Poyabrandes gesprochen. Alle Folgen der Serie erscheinen fortlaufend auf RadioFr. und sonntags als ganzer Podcast auf Frapp und Spotify.
In der Nacht vom 6. auf den 7. April 2019 wird Cédric Fragnière von einem Alarm aus dem Schlaf gerissen. An der Murtengasse brenne ein Haus lichterloh, teilt ihm die Einsatzzentrale mit. Fragnière ist Offizier beim Feuerwehrbataillon der Stadt Freiburg. Wie er erfährt, haben Soldaten der Militärkaserne Poya gemeldet, dass grosse Flammen aus dem Gebäude schiessen. Fragnière und seine Feuerwehrleute brechen mit Atemschutzgeräten, Leitern und Löschfahrzeugen auf. Gerade einmal 200 Meter müssen sie fahren - so nah befindet sich die Feuerwehrkaserne am Brandort. Bald erfahren sie: Am Ort des Brandes wohnt ein Mitglied der Feuerwehr.
Beim brennenden Haus handelt es sich um die alte Conciergerie des Poya-Schlosses aus dem Jahr 1912, die unter Denkmalschutz steht. Es befand sich schon zuvor in einem schlechten Zustand. Zehn Personen wohnen zum Zeitpunkt des Brandes in der Conciergerie. Mehrere von ihnen können sich in letzter Sekunde retten. Eine Bewohnerin muss aus dem Fenster springen. Zu diesem Zeitpunkt sind die Feuerwehrleute noch gar nicht angekommen.
Ungewissheit
Vor Ort nimmt ein Soldat die Feuerwehrleute in Empfang. Sie verschaffen sich einen Überblick über die Situation und bereiten sich auf den Einsatz vor. "Die ganze rechte Seite des Hauses war schon kaputt. Das Dach stand in Flammen", sagt Cédric Fragnière. Die Feuerwehrleute entscheiden, wie sie die Löschfahrzeuge und die Leitern positionieren. Da erfahren sie, dass noch eine Person im Haus ist. Der Einsatzleiter schickt zwei Feuerwehrmänner ins Haus, um sie zu suchen. "Wir wussten überhaupt nicht, wo die Person ist - im Keller, im Parterre oder im ersten Stock."
Die Bewohnerinnen und Bewohner warten am Strassenrand und verfolgen das Geschehen mit grosser Betroffenheit. Nach wie vor haben sie die Hoffnung, dass die vermisste Person auftaucht. Doch unten finden die Feuerwehrleute niemanden. Daher weist Fragnière sie an, im oberen Stock weiterzusuchen. Ein Durchkommen ist aber unmöglich, weil Teile des Hauses auf die Treppe fallen. "Also haben wir versucht, die Person von aussen zu retten", sagt Fragnière.
Nach einer Stunde herrscht Gewissheit, dass die Person ums Leben gekommen ist. Und nicht nur das: "Wir haben erfahren, dass der Verstorbene ein Kollege war", sagt der Einsatzleiter. Eine psychisch schwierige Situation für sie. Trotzdem setzen sie ihren Einsatz fort. Das Todesopfer haben sie in seinem Zimmer gefunden. "Wir haben die Person nicht angefasst und versucht, so gut es geht zu löschen", sagt Fragnière. Später wird die Polizei für die Spurensicherung vorbeikommen und ein Bestattungsdienst den Verstorbenen wegbringen.
Aufarbeitung
Die Feuerwehrleute versuchen, das Haus und die parkierten Autos in der Nähe zu kühlen, um Explosionen zu vermeiden. Doch sie brauchen Verstärkung. Am Morgen bieten sie eine weitere Gruppe auf. Erst dann kriegen die Feuerwehrleute den Brand unter Kontrolle. "Im Haus gab es aber noch Brandherde", sagt Cédric Fragnière. Diese hätten sich wieder entzünden können. Die Feuerwehr bleibt einen Tag vor Ort, um das Haus zu überwachen.
Diese Nacht psychisch zu verarbeiten, dauert hingegen länger. "Emotional war es schwierig", sagt Cédric Fragnière. Die Beteiligten hätten viel miteinander gesprochen und das Geschehene rekapituliert. "Es ging darum, die schlimmen Bilder zu vergessen." Immer wieder muss sich Cédric Fragnière ins Bewusstsein rufen, dass die Feuerwehr keine Schuld an Bränden trägt, sondern die Situation nur verbessern kann. Genau das fasziniert ihn nach wie vor an diesem Beruf - den Leuten helfen zu können.
Dem Soldaten, der den Brand als erstes entdeckt und die Bewohnerinnen und Bewohner gewarnt hat, fällt es nach wie vor schwer, über das Erlebte zu sprechen. Warum die Nacht für ihn so schlimm war und weshalb er sich nicht für einen Helden hält, erzählt er in der nächsten Folge.
Alle bisherigen Folgen
Folge 3:
Folge 2:
Folge 1: